Schon einmal haben die Emotionen in den Untergang geführt; daher „reinigt“ die herrschende KI die ihr dienenden Menschen. Gelassenheit soll walten! Im Zuge der Prozedur erinnert Gabrielle ihre vormaligen Leben – 1910, 2014, 2044 –, vor allem aber: ihre große Liebe zu Louis, die sie nie wagte sich zuzugestehen. Kühl und elegant setzt Bonello sein epochenquerendes, dabei das Unheimliche wie das Horrible streifende Science-Fiction-Melodram in Szene. Während Seydoux und MacKay, eingedenk des Menschlichen und der Zärtlichkeit, derer es fähig ist, die inkriminierten Gefühlswesen in ihr Recht setzen. Und die Frage aufwerfen, wer hier eigentlich die Bestie ist? (Alexandra Seitz, Viennale)
«LA BÊTE, Bertrand Bonello’s astonishing sci-fi drama, is a thrilling journey of the mind staged with visionary élan. Loosely adapting the Henry James novella The Beast in the Jungle (1903), Bonello tells the ill-fated story of Gabrielle (Léa Seydoux) and Louis (George MacKay), which is reconfigured over three points in time and space: Paris in 2044, in Los Angeles in 2014 and Paris once again in 1910. A dark cloud looms over the heroine’s troubled soul from the outset. In a near-future world dominated by AI where productivity is everything, she is restless, emotional and thus sub-optimal. Cleansing her “DNA” ofers an apparent solution, whereby she is transported through a time portal where she experiences fragments of her past lives, which are deleted from her mind in the process. Gabrielle first meets Louis in 1910, who captures her heart and spirit, as a powerful bond is forged, full of melancholy and eternal longing. A poignant quest for deeper connection, LA BÊTE follows two lovers who will never live out their mutual attraction. As we move with them from one epoch to the next, like in a hall of broken mirrors where memory and feelings merge into exciting but painful experiences, we realise that everything human is doomed to vanish.» — Maria Giovanna Vagenas, Viennale
«Ein Melodram mit eleganten Kostümen, angesiedelt im Jahre 1910 in den Pariser Salons der oberen Gesellschaft, wie aus der Feder des Romanciers Marcel Proust. Ein kühler Thriller im Stil einer Bret-Easton-Ellis-Geschichte über die urbane Einsamkeit in Los Angeles in der Mitte der 2010er-Jahre. Und ein melancholischer Science-Fiction-Film, etwa zwei Dekaden von unserer Gegenwart entfernt. «La bête» von Bertrand Bonello ist all das – und auf allen drei Erzählebenen verdammt grossartig.» — Andreas Köhnemann, Kino-Zeit
«In allen drei Zeitebenen fügen sich wie ein Puzzle ähnliche Motive in unterschiedlichen Variationen zusammen: Tauben, Wasser und Puppen beispielsweise tauchen immer wieder auf, genauso wie musikalische Leitthemen. Sie geben der Protagonistin - und auch dem Publikum - einen Hinweis auf bevorstehendes Unheil. Oder hat sich das alles gar nicht so abgespielt? Ist das alles nur die Fantasie der Protagonistin? Die Antwort auf diese Fragen deutet der Film höchstens an, lässt eine eindeutige Antwort aber offen.» — Simon Eberhard, Outnow ✯✯✯✯✯
«Faszinierend an diesem Film, der lose an die Kurzgeschichte «The Beast in the Jungle» von US-Autor Henry James aus dem Jahr 1903 angelehnt ist, sind die sorgsam gedrechselten Erzählschlaufen mit wiederkehrenden Warnzeichen. Mal ist es eine Taube, mal eine Wahrsage- rin oder eine Puppe (zuletzt sogar aus Fleisch und Blut), die Böses erwarten lässt. Das macht diesen unterkühlten, um nicht zu sagen schockgefrorenen Film zu einem Erlebnis irgendwo zwischen Michael Haneke («Funny Games») und David Lynch. Wobei Regisseur Bonello vor allem bei Letzterem punkto Bildsymbolik sehr genau hingeschaut hat.» — Hans Jürg Zinsli, Kulturtipp
«Léa Seydoux ist beeindruckend und erinnert daran, dass sie eine weitaus grössere Bandbreite an Schauspielfähigkeiten besitzt, als in den grossen amerikanischen Produktionen verlangt wird. Ihr gegenüber steht der Brite George MacKay, der gekonnt zwischen den verschiedenen Charakteren wechselt und dabei die Rolle übernimmt, die ursprünglich dem verstorbenen Gaspard Ulliel zugedacht war.» — Damien Brodard, Cineman
««La Bête» ist weder ein bescheidener noch ein einfacher Film. Bonello nimmt die Gegenwart mit all ihren Ängsten und Neurosen ins Visier und schickt sich an, diesem Chaos mit einer erzählerisch und thematisch dichten, unverhohlen philosophischen Literaturadaption zu begegnen, die als Diagnose und Provokation, als Warnung und Satire zugleich zu verstehen ist. Viele unserer Probleme sind hausgemacht, nicht wenige das Resultat historischer Kontinuitäten. Daraus aber zu schliessen, dass unser Heil in der ach so objektiven Technologie liegt, dass die Rettung unserer Welt eine Frage des richtigen Algorithmus ist, ist, so dieser grossartige, im besten Sinne zeitgemässe Film, ein kapitaler Fehlschluss. Unsere Gefühle mögen der Ursprung von so mancher Krise sein – doch ist eine Welt ohne sie überhaupt rettenswert?» — Alan Mattli, Maximum Cinema
«Der Franzose Bertrand Bonello ist ein experimentierfreudiger Komponist und Filmemacher. «La bête» – das Biest – heisst sein jüngstes Leinwandopus. Darin bewegt sich Frankreichs Starschauspielerin Léa Seydoux durch Zeitepochen wie einst Virginia Woolfs Romanfigur «Orlando». Nach seiner Premiere am Filmfestival von Venedig im letzten Herbst kommt «La bête» jetzt in der Deutschschweiz ins Kino. In Bonellos raffiniertem Leinwand-Genremix steht «Das Biest» für die lähmende Angst vor der Liebe. Michael Sennhauser hat den Filmemacher zum Gespräch getroffen.» — Michael Sennhauser, SRF
«Die beängstigende Szene eines Versteckspiels in einer luxuriösen kalifornischen Villa erinnert daran, dass Bonello ein Kenner von Dario Argento ist, der es so gut verstand, den Mechanismus der Angst freizulegen.» — Emilien Gür, Cinefile