Regen. Kinder spielen in einer Ruine Gangsterjagd. Draußen wütet die Abrissbirne. Der Polizeichef im Büro bei einer Runde Tischtennis. In einer Pause hält er seinen Untergebenen einen Vortrag über Arbeitsmoral – und erzählt Kommissar Ma Zhe, dass im Ort ein Kino geschlossen wird: ideale Büroräume für sein Team! Am Fluss. Die Kamera nähert sich einer alten Frau: der Blick des Täters? Wenig später wird die Leiche der „vierten Großmutter“ gefunden. Die darauffolgenden Ermittlungen gleichen einer wilden Irrfahrt des fliegenden Holländers: immer neue Fakten und Funde, doch keine Gewissheit. Und Trost gibt es in dieser gottverlassenen Welt ohnehin nicht. (Katja Wiederspahn, Viennale)
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«Eine puzzleartige Hommage an das Noir-Genre selbst, mit Anklängen an Jean-Pierre Melville, Chinatown und Memories of Murder.»
The Hollywood Reporter
«Es gibt Filme, in denen es in jeder Szene regnet und man möchte, dass es nie mehr aufhört. Tropfen sammeln sich auf den Fenstern, das Licht zerbricht in tausend Teile im feuchten Nebeldunst, und von den Wimpern der Figuren löst sich eine Nässe, von der man nicht sagen kann, ob es sich um Tränen oder Regen handelt. Die Wahrnehmung verliert sich in sanftem Geplätscher und grauer Tristesse, und eigentlich ist egal, was genau geschieht, man folgt allem wie im Halbtraum. Wei Shujuns Only The River Flows ist ein solcher Film, somnambul und unwirklich, eine labyrinthische Kriminalgeschichte, die sich ästhetisch labt in fast vergessenen Freuden des Kinos. [...] hinter dem scheinbar puren Kinogenuss versteckt sich eine subversive Geste, welche die chinesische Exekutive in einem absurden Strudel der Unfähigkeit [...] blossstellt und zeigt, wie Gerechtigkeit nur ein möglicher Grund ist, ein Verbrechen aufzuklären. Am Ende zählt, was der Öffentlichkeit präsentiert werden kann, und das ist das Gegenteil des Kinos: ein klares Strahlen der bedeutungsschweren Gewissheit statt eines surrealen Regenschleiers des Zweifels.»
Patrick Holzapfel, NZZ
«Only the River Flows hat alle Zutaten eines klassischen Crime-Thrillers. Und doch ist die Adaption einer Novelle des Schrifstellers Yu Hua viel mehr als das. Meisterhaft verbindet Regisseur Wei Shujun die Nachforschungen des Protagonisten mit dessen persönlicher Abwärtsspirale und den gesellschaftlichen Zwängen. Der Grundton ist düster, die Stimmung nass-kalt. Hin und wieder lockern aber auch skurrile Humoreinschübe das Geschehen auf. Fans restlos auserklärter Filme seien dennoch gewarnt: Zum Ende hin wird es immer mysteriöser!»
Christopher Diekhaus, «11 Kino-Highlights für den Monat März», Cineman
«Only the River Flows ist ein Psychospiel in Moll. Beethovens "Mondscheinsonate" dient Shujun als musikalisches Motiv. Angenehm verwirrt, neugierig und ein wenig schaudernd tappt der Zuschauer mit dem grüblerischen Kommissar durch die Provinz übermöblierter Räume, modriger Fassaden, schmalen Gassen – wie durch ein Labyrinth, in dem jeder Zeuge nichts oder nur etwas Vages gesehen haben will. Immer verwirrender wird das Flickewerk der Beweise und möglicher Zusammenhänge. Jedes Detail das sich mühsam herauskristallisiert, verrätselt ein neues. Und Ma Zeh schillert, trotz seiner brütenden Verschlossenheit, in faszinierenden Illuminationen; nach wenigen Minuten ist man ihm verfallen.»
Wolfram Knorr, Weltwoche
«Der Regisseur mit Jahrgang 1991 empfiehlt sich mit seinem stimmigen Film noir als eine spannende neue Stimme des chinesischen Kinos.»
Simon Eberhard, Outnow
«Only the River Flows huldigt viel mehr der literarischen Tradition des Existentialismus. Nicht vergebens wird anfangs gleich nach dem Filmtitel ein Zitat von Albert Camus eingeblendet: "Unverständlich ist das Schicksal, deshalb bin ich selbst dazu geworden." Ma Zhes Problem ist existentialistisch: Er versucht, Sinn zu finden in der Unordnung der Welt, in einem Verbrechen, das überhaupt keinen Sinn macht und dessen Aufklärung so sinnlos ist wie das Verbrechen selbst. Dass ihm allerdings für diesen Leerlauf anordnen winden könnte von der Volksrepublik China, das sorgt für eine politisch ironische Spitze in diesem Film, der ansonsten vor allem Eins perfekt auch den Punkt bringt: wie todtraurig es sich anfühlt, diese Welt nicht mehr greifen zu können.»
Georges Wyrsch, Radio SRF 2 Kultur
«Die verschobene Wahrnehmung ist bereits in der Eröffnung des Films angelegt, in der ein verlassenes Kino zum Hauptquartier des Inspektors und seines Teams umfunktioniert wird – eine Szene, die darauf hinweist, dass die Ermittlungen nicht auf dem Boden der Realität stattfinden, sondern in jenem geheimnisvollen Paralleluniversum, in das die bewegten Bilder mit ihren im Dunkeln spukenden Gespenstern führen.»
Emilien Gür, Cinefile
«Der Krimiplot erfüllt eine Funktion als Roter Faden, dem entlang sich ein Stimmungsbild kompletter Verunsicherung auffächert. [...] Der Befehl des Polizeichefs nach rascher Fallabwicklung kann nicht ausgeführt werden. Ma Zhes Zweifel werden mehr und umfassen bald auch mehr als bloss die Arbeit.»
Thierry Frochaux, P.S. Die linke Zürcher Zeitung
«Die finstere Atmosphäre der Handlung – die noch verstärkt wird durch die Sorgen um das Baby von Ma Zhes Frau Bai Jie, das möglicherweise behindert zur Welt kommen wird – hat Kameramann Chengma Zhiyuan in eine kongeniale Bildersprache umgesetzt. Von Einstellung zu Einstellung wird sie düsterer, je mehr sich Ma The ins Dickicht seiner eigenen Ermittlungen verstrickt. Die Schauspieler, allen voran Zhu Yilong als getriebener Ermittler, überzeugen durch Understatement. Er zeigt die Einsamkeit eines Menschen, der hin und her gerissen wird von Zweifeln.»
Gaby Sikorski, Programmkino.de
«Die Geschichte einer tragischen Mordserie im ländlichen China des Jahres 1995 beginnt als klassischer Noir-Thriller, strebt dann aber ins Poetisch-Surreale. Hin zu Träumen und Projektionen.»
Lucas Barwenczik, Kino-Zeit.de
«Es regnet viel in diesem Film, und fast immer wird geraucht. Und nicht nur in diesen Punkten erinnert Only the River Flows, der dritte Spielfilm von Wei Shujun, an den französischen Film noir der 70er und 80er: Auch die tristen Vorstadtszenerien in stylish-düsteren Bildern, die melancholischen Helden und die seltsamen Verbrechen und auch die bedächtige Erzählweise, die manchmal von ziemlich absurdem Humor aufgelockert wird, scheint vertraut. Die Liebe zu dieser Art Kino spricht aus jeder einzelnen Szene von Shujuns Film, der auf analogem Material gedreht wurde und nicht nur stilistisch »retro« ist: Er spielt auch in der Vergangenheit, in der chinesischen Provinz Mitte der 1990er Jahre.»
Patrick Seyboth, epd Film
«Regisseur Shujun Wei spielt mit dem Symbolgehalt der Bilder. Genauso wie der Fall, von dem er erzählt, bewahren sie ein Geheimnis. Einen magischen Rest, der sich dagegen stemmt, ausgedeutet zu werden. Die Ermittlungsarbeit wird in Only the River Flows zum Schöpfungsakt einer Erzählung, der Inspektor in seinem Kino-Hauptquartier zum Schnittmeister der Wahrheit. Glücklich macht ihn diese Erkenntnis nicht. Dann setzt wieder der Regen ein.»
Simon Rayß, Tagesspiegel
«Die Mordermittlung treibt den Film voran. Der Clou des Ganzen liegt aber darin, dass die aus Perspektive des Ermittlers anfangs scheinbar klaren Fakten immer mehr zwischen seinen Händen zerrinnen. Ma Zhe wird von dem Bösen verschlungen, gegen das er vorgehen wollte. Alles scheint möglich. Die Wahrheit aber scheint ungreifbar. Solche Unsicherheiten sind im China von heute schon hochpolitisch.»
Rüdiger Suchsland, SWR
Mit Zhu Yilong, Chloe Maayan, Hou Tianlai, Tong Linkai
Drebuch und dialoge Kang Chunlei und Wei Shujun Kamera Chengma Ton Tu Tse-Kang und TuDuu-Chih Schnitt Matthieu Laclau Produktion KXKH Film